Menú del día – Abbild der regionalen Küche

Wegweiser in der Provinz Cuenca

⓿❷❾  Nach einem längeren politischen Prozess wurden in Spanien die Gebeine des Generalísimo Francisco Franco umgebettet, vom Valle de los Caídos hin in eine Gruft im Norden von Madrid. In seiner Zeit ist, wie in vielen Diktaturen, sehr viel Schreckliches für die betroffenen Menschen passiert. 

Es gab aber auch Entwicklungen, die sich positiv auswirkten, Arbeit und Einkommen generierten, Devisen ins damals durch den Bürgerkrieg gebeutelte Land brachten und für die Menschen zur Tradition wurden. Anfangs der 60er Jahre wurde in Mittel- und Nordeuropa der spanische Massentourismus stark propagiert, denn Spanien war für den europäischen „Normalverdiener“ erschwinglich und attraktiv. Der Wechselkurs mit der damaligen spanischen Währung der Peseta war günstig, und die Vorzüge des mediterranen Klimas waren bekannt. Um es den Gästen möglichst angenehm zu machen und ihnen neben dem Ferienfeeling den gewohnten Rhythmus zu gewährleisten, erliess das damalige Tourismusministerium in Madrid ein Gesetz, worin jeder Gastwirt am Mittag ein dreigängiges Menu anzubieten hatte, wie man sich dies in den nördlichen Nachbarländern gewohnt war.

Strassentafel in Benissa

Dieses musste gut sichtbar präsentiert werden, ausserdem hatte sich das Personal daran zu halten. Es glich sehr der bekannten mitteleuropäischen Menufolge, bestehend aus Vorspeise mit Suppe, Salat oder einer anderen Kleinigkeit, dem Hauptgang mit Fleisch oder Fisch, dazu ein Gemüse und eine Beilage sowie einem Tagesdessert. Eine weitere Auflage des Staates bestand darin, dass das Menu jeweils Komponenten der spanischen Küche enthalten musste. Dazu wurden Brot und ein Glas Rotwein oder Bier und Wasser gereicht. Zudem hatte es „barato“ zu sein, also kostengünstig.

Das Menu, ursprünglich auf den Massentourismus ausgerichtet, hat sich mit den Jahren in Qualität und Preis sehr diversifiziert, so wie sich auch die individuellen Bedürfnisse der Touristen entwickelten. Das Gesetz für das klassische Menú del día ist offiziell noch in Kraft und wird noch in vielen Restaurants umgesetzt, das Menu auf der beschrifteten Schiefertafel vor dem Lokal bekannt gemacht. Und es sitzen nicht nur Touristen, sondern auch Spanier am Tisch. Als ich vor 30 Jahren das spanische Leben kennen lernen durfte, war diese Speisefolge bei den Einheimischen vor allem als Sonntagsmenu für die ganze Familie sehr beliebt, weil nebst der Pflege der Gemeinschaft zum fairen Preis eine ordentliche Mahlzeit serviert wurde. Noch Heute trifft man am Sonntag Mittag vielerorts die Familien beim gemeinsamen Verzehr des Menú al día im Restaurant an. Mir fällt auf, vieles hat sich hier verändert, jedoch eines ist geblieben und das gefällt mir sehr: in den spanischen Restaurants wird beim Menú del día nach vor wie die spanische Kochkultur zelebriert und bleibt so ein Abbild der regionalen Küche.