Schuhe kaufen – spanische Oekonomie hautnah

Schuhgeschäft in Moraira

⓿❶❸  Wer dem spanischen Alltag näher kommt, dem wird sehr schnell bewusst, mit welch geringen Margen und wenigen Ressourcen kleinere und mittlere Betriebe auskommen müssen. Hinzu kommt das grössere Angebot, damit verbunden die härtere Konkurrenz in den Städten und den touristischen Küstenregionen.

Man erlebt dies hautnah beim Besuch von kleineren Restaurants. Nicht alles ist vorhanden, was auf der Karte steht. Die Nachbarn helfen mit Gemüse, Eier, Fleisch und Fisch aus. Fehlt Brot in der Küche für das bestellte Sandwich, unterbricht der Bäcker seine Siesta und bringt es. Steht über der Bartheke im Regal die Schachtel eines schönen Whiskys, ist es gut möglich, dass diese leer und lediglich als Schmuck ausgestellt ist. Sodann wird ein spanischer Brandy empfohlen, der meist in mehreren Qualitäten zu haben ist.

Kleine und mittelgrosse Unternehmen arbeiten hier bescheiden, mit dem Mindestmass an Infrastruktur und sonstigen Aufwendungen. Wird in einem Geschäft mit „zu grosser Kelle angerichtet“, hat dieses in der Regel nur kurze Überlebenschancen. Mir selber wurde dies beim Schuhe kaufen klar vor Augen geführt.

Ich benötigte neue Sportschuhe und betrat deshalb einen spanischen Laden. Die Mitarbeitenden, sehr zuvorkommend und freundlich, zeigten mir das Regal mit den verschiedenen Marken und Modellen in den diversen Preisklassen. Immer war der rechte Schuh eines Modells schön präsentiert. Nach der Anprobe einiger Modelle bat ich bei dem mir passenden um den linken Schuh. Man hiess mich doch Platz nehmen und einen Moment warten. So sass ich auf der Bank. Nach einiger Zeit fragte ich nach, und ich wurde beruhigt, ja, der Schuh käme umgehend. Nochmals einiges später kam eine Mitarbeiterin des Geschäfts ziemlich ausser Atem zur Tür herein gerannt – mit meinem linken Schuh. Etwas irritiert, was dies auf sich habe, erkundigte ich mich und wurde aufgeklärt: sie haben zwei Schuhgeschäfte im Dorf, eines hier, wo der rechte Schuh präsentiert wird, und ein zweites, kleineres in der Hauptgasse, dort wird der linke Schuh ausgestellt. Die Distanz für rasches Gehen zwischen den Geschäften dauert drei Minuten. Das ist machbar, und so kann bei den Ankaufskosten für die Schuhe gespart, und das Risiko beim Nicht-Verkauf minimiert werden.