Der Hamam in Jaén - erzählt von Hygiene und Ehevermittlung

Palacio de los Condes de Villardompardo
⓿❼❺  Der Hamam, das arabische Bad gibt es seit dem 4. Jahrhundert vor Christus. Für die Menschen war es religiöse Pflicht, sich sauber zu halten. Die Römer übernahmen mit ihren Badestuben diese Sitte in etwas vereinfachter Form. Als die Muslime im achten Jahrhundert auf die Iberische Halbinsel vordrangen, entstanden diese arabischen Bäder zuhauf. Badezimmer gab es in den Häusern ja noch keine, so begaben sich die Menschen zur Körperpflege in den Hamam. Hier wurde nicht nur gewaschen und geschwitzt, sondern auch Neuigkeiten ausgetauscht, Geschäfte abgeschlossen Politik gemacht und Ehen arrangiert. Die Badestube übte eine wichtige gesellschaftliche Funktion aus.

Eingangshalle zum Hamam
Das noch erhaltene, öffentliche arabische Bad in Jaén umfasst eine Fläche von 450 Quadratmetern. Es gehört zu den grössten dieser Art, die in Spanien restauriert wurden und besichtigt werden können. Im 12. Jahrhundert wurde es gebaut, damit die Stadtbevölkerung ihrem Gebot der Reinlichkeit folgen konnten. Der Spaziergang durch die Räumlichkeiten zeigt den Ablauf dieses Rituals deutlich, er war strikte vorgeschrieben.

Man trat mit nackten Füssen auf dem weissen Marmorboden durch die 14 Meter lange Eingangshalle. Die Decke war mit 18 Sternenhimmeln überspannt. Mit einem dünnen Tuch bekleidet, schritt man als Erstes in den “Kühlen Raum”, um sich von Schmutz und Schweiss am Körper zu befreien. Dann folgte der Gang in den “Temperierten Raum”. In Jaén ist er quadratisch und grosszügig bemessen, mit Nischen und Erkern ausgestattet. Dort bereitete man seinen Körper auf den “Heissen Raum” vor. In diesem stand in der Mitte der grosse Kessel mit dem dampfenden Wasser. Der Fussboden war hohl, ebenso wiesen die Wände einen Hohlraum auf. Die warme Luft konnte zirkulieren und man fror weder an die Füsse noch an den knapp bedeckten Körper. Auf der Seite dieses Raums sind noch die Stellen für zwei kleine Kessel und die Möglichkeiten für die Sitzbäder auszumachen.

Innenhof des Palacio
Als Jaén Mitte des 13. Jahrhunderts von den christlichen Königen erobert wurde, blieb das Bad vorerst erhalten. Später erlitt es das gleiche Schicksal wie viele andere seiner Art und wurde zur Gerberei umfunktioniert. Die verschiedenen Säle und Badewannen waren für die Verarbeitung von Fellen zu Leder ideal bemessen. Der unzimperliche Umgang mit Kulturgut - respektive es wurde nicht als dieses wahrgenommen - zeigt sich im 16. Jahrhundert, als über den Bädern der Palacio Villadonpardo errichtet und die darunterliegenden Räume zugeschüttet wurden. Als der Palast im 20. Jahrhundert in den Besitz der Provinz überging, wurden die Bäder wieder entdeckt, vollständig renoviert, ein Museum gestaltet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Jaén, eigentlich Welthauptstadt des Olivenöls und mit einer illustren Vergangenheit als regionalen Verteidigungsstützpunkt, hat viel von seinem Glanz verloren. Das ist beim Spaziergang durch die Altstadt unübersehbar und schmerzt. Die arabischen Bäder bilden eine überraschende und beeindruckende Ausnahme.

Innenhof des Palacio

Liege- und Massageraum

Kaltbad

Heisser Raum