El Rocío - kleines Dorf mit einzigartigem Fest

Parque Nacional de Doñana
⓿❽❺   Gerade war es wieder soweit. Während der Pfingstwoche fanden sich über eine Million Menschen in El Rocío ein. Das kleine Dorf, nahe der Atlantikküste, zählt durchs Jahr etwa 800 Einwohner. Die Romería, dieser aussergewöhnliche Anlass mit Pferden, Flamenco, der Marienprozession und viel Vino de Jeréz ist ausserhalb Andalusiens gar nicht so sehr bekannt.

Die Legende besagt, dass im 13. Jahrhundert ein Ritter des katholischen Königs, auf dem Weg zu den Kämpfen gegen die arabische Herrschaft in Cadíz, an einem frühen Morgen in einem Baumstrunk eine Marienfigur fand. Cadíz fiel bald darauf in die Hände der Katholiken. König Alfons X (1221-1284) schrieb den Sieg dieser Marienfigur zu und spendete dem Dorf eine Kirche. Das Dorf wurde zu Ehren dieser Madonna El Rocío benannt, was auf Deutsch “Morgentau” bedeutet.

Ermita del Rocío
Die Madonna erhielt viele schöne Übernamen und musste auch für viele Wunder, glückliche Momente und überstandene Krisen herhalten. Über die Jahrhunderte hat sich eine immense Pilgerbewegung entwickelt, nicht zuletzt auch dank den Gitanos, den Romas, die das Dorf mit der Madonna ebenfalls zu ihrem Wallfahrtsort erklärten. So wird das El Rocío seit 1758 jedes Jahr in der Pfingstwoche von Heute 125 Bruderschaften mit Pferd und blumengeschmückten Planwagen richtiggehend überflutet. Übernachtet wird unter offenem Himmel oder in Zelten, und gekocht wird am Lagerfeuer. Es wird gebetet, getanzt, gegessen, getrunken und der Madonna gehuldigt, die am Pfingstmontag auf dem offenen, reich geschmückten Wagen aus der Kirche getragen wird, damit möglichst viele Menschen sie berühren können. Selten wird religiöse Feier und ausgelassenes Volksfest so vereint gefeiert wie in El Rocío.

Trommler in El Rocío
Wir besuchen El Rocío nicht in der Pfingstwoche. Ausserhalb der gigantischen Festivitäten wirkt es sehr verschlafen. Das Auto stellen wir am Dorfrand ab, denn die Wege im Zentrum sind auch jetzt nicht mit einem Teerbelag überzogen, sondern grosszügig mit Sand bedeckt. Am Dorfrand, der an den Nationalpark Coto de Doñana grenzt, weiden einige Pferde, und wir wähnen uns wischen einer Texas-Ranch und der französischen Camargue. Auf dem Spaziergang fällt die Statue eines Trommlers auf. Der Gemeindearbeiter klärt mich auf: die kleinen Dörfer in der Umgebung haben nicht alle einen eigenen Priester. Zu früheren Zeiten eilte der Trommler dem Priester voraus, um die Leute buchstäblich zusammen zu trommeln und ihnen zu verstehen zu geben, dass in der Kirche bald die Messe beginnt.