Úbeda - Renaissance nach italienischem Vorbild

❶⓿❺ Das “spanische Florenz” wird Úbeda genannt. Sie ist die Nachbarstadt von Baeza, inmitten von Olivenhainen im Norden von Andalusien. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass hier jedes Jahr im Juni eine Woche lang mit grossem Aufwand das Fest der Renaissance gefeiert wird. Die Kulisse dafür ist schliesslich unübertrefflich. Wenn du mitten auf die Plaza Vázquéz de Molina stehst, gruppieren sich rund herum die prächtigsten Bauten dieser Epoche: die Heilige Kapelle San Salvador, der Palacio del Dean Ortega, der Palacio de Vzáquéz Molina und die Iglesia Santa Maria de los Reales Alcázares.

Weshalb ist das so, habe ich mich gefragt, und bin auf Francisco de los Cobos y Molina (1477-1547) gestossen, einer schillernden Person mit einmaliger militärischer und beruflicher Karriere. Sein Vater war Stadtpräsident von Úbeda und seine Mutter entstammte einer Adelsfamilie. Francisco war Ritter im Santiago-Orden. Als Hauptkommandant des Ordens führte er das kastilische Heer in der Schlacht um die definitive, katholische Vorherrschaft gegenüber den Mauren in der Region an und gehörte zu den bevorzugten Persönlichkeiten von König Carlos V (1500-1558). Francisco war als sein Hauptbuchhalter und Staatssekretär eine der einflussreichsten und mächtigsten Persönlichkeiten seiner Zeit.

Francisco war auch den schönen Seiten des Lebens nicht abgeneigt, er war leidenschaftlicher Kunstsammler und Mäzen, reiste für seinen König mit Freude nach Italien und liebte seine Heimatstadt Úbeda. Auf seiner ersten Reise 1522 lernte er den Baustil des italienischen Renaissance kennen und hatte nur eine Idee, ihn nach Spanien zu bringen. Dank seinem künftigen Freund, dem berühmten italienischen Maler Tizian (-1576), kam er in Kontakt mit der Welt der Künstler und Architekten. Bereits im Alter von 29 Jahren begann Francisco in seiner Heimatstadt, sein Elternhaus und die Grundstücke rund herum zu erwerben. Nach der zweiten Italienreise 1532 beauftragte er die Architekten mit den Bauten des Palacio Vela de los Cobos, die plateresque Fassade der Capilla San Salvador und des Hospital de Santiago. Nach Franciscos Tod wurden weitere Paläste und Kirchen in dem von ihm angeregten Stil renoviert, errichtet oder fertig gestellt, so, dass hier Heute eines der schönsten Zusammenspiels der Renaissance steht. Úbeda wurde deshalb gleichzeitig mit Baeza in den Katalog der Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen.

Jedes Jahr, zwischen Ende Juni und Anfangs Juli, versetzt sich die Stadt Úbeda in die Zeit der Renaissance. Es werden historische Handwerkskünste gezeigt, die Kleider der Epoche getragen, die passende Musik gespielt und gesungen, und die damals kulinarischen Spezialitäten nach heutiger Verträglichkeit angerichtet. Wir haben Úbeda anfangs November bei prächtigem Wetter besucht und konnten die Gebäude in Ruhe betrachten. Aufgefallen sind uns die zahlreichen Abzeichen des Ritterordens von Santiago, eine Reminiszenz an den grössten Förderer ihrer Stadt, Francisco de los Cobos y Molina.

📜 Im historischen Zentrum ist es, ausser in den Sommermonaten, abends sehr ruhig. Doch haben sich einige schöne Restaurants und Bars etablieren können, die auch in den Monaten mit wenig Tourismus geöffnet sind. La Tintorera, die Taverne in der ehemaligen Färberei und Misa de 12 haben wir besucht. Excelente!