Santo Estevo - Schönheit der Ribeira Sacra

Klosterkirche, Friedhof und Kloster
⓿❽❻  Es gibt zwei Routen, um in die geheimnisvolle und mystische Abgeschiedenheit der Ribeira Sacra zu gelangen, entweder über die schnellere Route via Ourense oder, gemächlich, von Ponferrada aus, durch die dichten, galizischen Wälder. Ribeira Sacra heisst übersetzt “das heilige Ufer”. Dies ist kein Zufall, denn am Rand der Flüsse Sil und Miño wurden im Mittelalter sieben Klöster gegründet, wovon eines noch in Betrieb ist. Das Schönste dieser religiösen Ensembles ist zweifelsohne das Monasterio von Santo Estevo.

Nische mit Heiligenfigur
Das Benediktinerkloster Santo Estevo hat den Zunamen “Ribas de Sil”. Es steht an der Spitze der Schlucht auf 470 m.ü.M. mit der spektakulären Aussicht zum río Sil (Fluss Sil), der sich 340 Meter weiter unten durch das Tal schlängelt. Seine Gründung geht auf das 6. Jahrhundert zurück, erst als von Mönchen bewohnte Einsiedelei. 600 Jahre später wurde der erste der insgesamt drei Kreuzgänge errichtet. Anfangs des 16. Jahrhunderts eröffnete der Benediktinerorden von Kastilien hier eine Schule für Kunst und Philosophie. Parallel dazu und bis ins 18. Jahrhundert wurde die Klosteranlage dauernd erweitert. Dies hat zur Folge, dass wir Heute Elemente der Romanik, der Gotik und der Renaissance sehr stilecht betrachten können. 1875 ging Santo Estevo in Besitz des Staates über. Es wurde entvölkert und zerfiel zusehends.

Wappen von Santo Estevo
Im Jahr 2004 wurde Santo Estevo, nach umfassenden und sehr sorgfältigen Renovationsarbeiten in die Paradores de España integriert und erhielt als erstes der nationalen Hotelkette die Bezeichnung “Museums-Parador”. Welch ein Glück, denn das führt dazu, dass das Kloster zu einem guten Teil der Öffentlichkeit frei zugänglich ist, inklusive einer informativen Ausstellung. Aus den ehemaligen Schlafräumen der Mönche sind die 77 unterschiedlich grosse Gästezimmer entstanden. Santo Estevo war zu seiner Blütezeit ein Hort der Herstellung von Arzneimitteln. In der Botica (Apothekenküche) wurden Salben, Tränklein und Pastillen aus Ingredienzen des eigenen Kräutergartens und aus der üppig verfügbaren natürlichen Pflanzenwelt der Umgebung hergestellt. Auch die Säfte der Eichen, Birken, Kastanien und Lorbeerbäume der umliegenden Wälder wurden für die Herstellung von Heilmitteln verwendet. Es ist daher nicht verwunderlich, dass wegen der Kompetenz der Klostermedizin, neun Bischöfe ihren Lebensabend in Santo Estevo verbracht haben. In Gedenken an die Bischöfe trägt das Wappen von Santo Estevo neun Mitren (Bischofsmützen). Bei der Renovation des Hauptaltars der Kirche wurden die Ringe von vier Bischöfen entdeckt, die nun im Museum der Kathedrale in Ourense betrachtet werden können.

Im vergangenen Winter las ich den Fantasy Roman “El bosque de los cuatro vientos” (Der Wald der vier Winde) der spanischen Schriftstellerin María Oruña. Dieser spielt im Kloster Santo Estevo und handelt von der Suche nach den neun Bischofsringen. Ich bin Oruña sehr dankbar, denn ohne dieses Buch bin ich nicht sicher, ob uns bereits die erste Reise nach Galizien in die Ribeira Sacra geführt hätte.