❶❶⓿ Pontevedra ist die Hauptstadt der südgalizischen Provinz Rías Bajas. Die Pilger auf dem portugiesischen Jakobsweg in Richtung Santiago de Compostela legen hier gerne einen Halt ein, denn sie wissen, sie sind nur noch etwa 60 Kilometer vom Ziel entfernt. Und die Rast in Pontevedra lohnt sich sehr.
Es gibt Orte, die sind sehr schön, herausgeputzt und touristisch top vermarktet, jedoch wirken sie auf mich eher kühl und unnahbar. Dann gibt es Orte, da macht es bei mir “Klick”, und ich bin von ihnen eingenommen, weil sie etwas Besonderes, oft nicht klar Definierbares, ausstrahlen. Eine Wärme, eine Herzlichkeit, ein Gefühl der Geborgenheit, einfach etwas Spezielles. Zu diesen Orten gehört Pontevedra.
Der Name Pontevedra bezieht sich auf die Römerbrücke “Ponte vetera” (alte Brücke), die einst den Fluss Lérez überspannte, der sich an der Stadt vorbei schlängelt. Ihre wirtschaftliche Hochblüte erlebte Pontevedra im 15. und 16. Jahrhundert, dank ihres Hafens und der Sardinenfischerei. 1833 wurde ihr der Status als Provinzhauptstadt zugeteilt. Heute ist Pontevedra vorwiegend ein administratives Zentrum für viele Zweigstellen der spanischen Landesregierung, verfügt über einen Industriegürtel ausserhalb der Stadt und lebt vom Tourismus. Die historische Altstadt steht seit 1951 unter Denkmalschutz. 1999 wurden die Autos aus der Innenstadt verbannt und ein geräumiger Fussgängergürtel geschaffen. Dafür erhielt Pontevedra mehrere Auszeichnungen, schliesslich war sie die erste grössere Kommune in Spanien, die dieses Vorhaben nicht nur lange plante und debattierte, sondern in die Tat umsetzte.
Das Tourismuszentrum für die Provinz und die Stadt befindet sich im Palacete de las Mendoza, einem ehrwürdigen Patrizierhaus. Dort wurden wir mit einem Stadtplan auf die Reise geschickt und uns geraten, den Weg entlang der bezeichneten Orte von 1, der Almeda-Promenade, bis 30, der Plaza de Verdura (Alter Markt), schön der Reihe nach zu nehmen. Erhabene Kirchen, historische Brunnen und romantische Plätze wechselten sich ab. Zwischendurch gönnten wir uns eine Erfrischungspause auf der Plaza de los Peregrinos (Pilgerplatz). Gegenüber des alten Theaters befindet sich die Bar O Bioco von Juan und Monica. Von den zehn regionalen Gerichten auf der Tapaskarte wollten wir lediglich eines davon probieren, blieben schlussendlich den ganzen Abend sitzen und bewunderten den Wirt, der mit nur zwei bescheidenen Herdplatten wahre Delikatessen zu zaubern wusste.
📜 Eine besondere Attraktion in Pontevedra steht gegenüber des erhabenen Santuario de la Virgen Peregrina (Kirche der pilgernden Gottesmutter). Es ist die Plastik des Papageis Ravachol (1859-1892), benannt nach einem berühmten französischen Anarchisten. Sein Besitzer führte am Platz eine kleine Apotheke. Der redefreudige Papagei, der an den feucht-fröhlichen Stammtischrunden seines Besitzers teilnahm, nahm die Zoten auf, unterhielt damit die Kunden und wurde stadtbekannt. Er starb während der Fasnachtstage 1913, sein Trauergeleit wurde zum öffentlichen Spektakel. Bis Heute bildet das Begräbnis des Papageis das Ende der Fasnacht in der Stadt. Pontevedra ist schön, interessant, fein und humorvoll - eine Stadt wahrlich mit Charisma.