Ferrol - Sehnsucht nach dem weiten Meer

❶❸❽ “Willst du ein Schiff bauen, dann trommle nicht Männer zusammen und teile sie zur Arbeit ein, sondern wecke in ihnen die Sehnsucht nach dem weiten Meer” Dieser Satz von Antoine de Saint Exupery (1900-1944) aus seinem Buch “Die Stadt in der Wüste” kam mir beim Blick von der Hotelterrasse über die Unterkünfte des spanischen Flottenstützpunktes hinüber zu den ehemaligen Schiffswerften in den Sinn. Ferrol liegt im Nordwesten Galiziens und war früher berühmt für seinen zivilen und militärischen Schiffbau.

Gleich vorweg: Ferrol ist kein touristischer Hotspot. Wer sich am Strand aufhalten und am Abend an einer grosszügigen Promenade vergnügen möchte, meidet die Stadt besser. Wer jedoch gerne ins spanische Alltagsleben eintauchen, die nahe Natur der Rías Altas erkunden und sich der Geschichte des Schiffbaus annähern möchte, dann ist Ferrol die passende Destination. Der seit Jahrhunderten grosse Kriegshafen und Flottenstützpunkt für das Land ist auf Schritt und Tritt sichtbar. Seine Lage an der Ría de Ferrol (Fjord von Ferrol) ist seit jeher für den zivilen und militärischen Schiffsverkehr prädestiniert und beherbergte die entscheidende Schiffswerft des Landes. Hier vermitteln die beiden Museen, das Technikmuseum für den Schiffbau und das Marinemuseum, einen interessanten Einblick in die ältere und neuere Geschichte, welche den gesamten Nordwesten Spaniens während langer Zeit prägten.

Die Fundación Exponav (Technikmuseum) wurde 2008 in der ehemaligen Schmiede der Werft eröffnet und zeigt eindrücklich die Geschichte des Schiffbaus auf. In diesem Museum wanderst du durch eine Zeitreise und kannst an Hand von Dokumentationen, Plänen und Modellen die Entwicklung des Schiffbaus mitverfolgen. Mir fiel das Schiff aus Leder und Holz sofort auf, ein Boot aus der Keltenzeit. Ja, die Sehnsucht nach dem weiten Meer hat früh begonnen. La ruta del Galeón de Manila zeigt die bereits weit entwickelten Segelschiffe auf ihren Routen zwischen China und Europa auf. Eine weitere, grosszügige Ausstellungsfläche ist dem militärischen Schiffbau gewidmet, dies in Jahrhundertschritten von der einfachen Galeere bis zum modernen Kriegsschiff. Begonnen hat der Schiffbau in Ferrol 1730 für die spanische Kriegsmarine. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam die Werft in britische Hände. Die Bilder aus dem Jahr 1982, als die Werft für den inzwischen grössten Ausstoss, des zivilen Schiffbaus wegen der fernöstlichen, billigen Konkurrenz geschlossen wurde, zeigen die Werftarbeiter, wie sie, benommen und stumm, die Werft am letzten Arbeitstag verlassen. Für sie selber und für die Stadt Ferrol bedeutete dies eine rigorose Zäsur.

Gegenüber lädt das Museo Naval zum Rundgang ein. Es ist etwas weniger spektakulär, zeigt die wichtigsten Schiffe der spanischen Seestreitkräfte. Eines der ersten in Ferrol gebauten Schiffe für die Armada (spanische Marine) ist die Santa Maria Magdalena mit ihren schönen Segeln und den 34 Kanonen an Bord. Sie verliess 1773 das Dok. Mit seinen Illustrationen über das Alltagsleben auf dem Kriegsschiff, ist dieses Museum etwas umfassender als jenes in Cartagena.

In der Altstadt sind die Prunkbauten nach kolonialistischem Stil aus der Zeit des Beginns des 20. Jahrhunderts unübersehbar. Damals war Ferrol reich und von der englisch geprägten Bourgeoisie dominiert. Als die grosse Werft 1982 schloss, verlor die Stadt einen Viertel ihrer Einwohner. Viele Einheimische wanderten nach Mitteleuropa aus, fanden dort Arbeit und ein neues Zuhause. Der wohl berühmteste Spross aus Ferrol war Francisco Franco (1898-1975), Spaniens Diktator und Generalísomo nach dem Bürgerkrieg von 1936 bis zur Einsetzung der parlamentarischen Monarchie 1977.

📜 Ein schöner Ausflug von Ferrol aus führt zu den Fjords in der Umgebung und zur nahe gelegenen Küstenfestung. Mit dem Bau des Castillo San Felipe, ganz aus Naturstein und Lehm, wurde 1557 begonnen. Es steht etwas ausserhalb der Stadt an der engsten Stelle des Fjords mit Wehranlagen auf beiden Seiten und diente dazu, fremde Fötzel, die übers Wasser in die Stadt eindringen wollten, abzuwehren.