❶❸❺ Der nördliche Zipfel der Extremadura und die angrenzenden Dörfer der Provinz Salamanca werden “Las Hurdes” genannt. Es ist eine abgeschiedene, rauhe Gegend, wo das Leben sehr lange äusserst hart und bescheiden zu fristen war. Der bekannteste, und auch schönste Ort dieser Gegend ist das inzwischen sehr gepflegte Dorf La Alberca. Berühmt wurde es 1932 durch den spanischen Film “Tierra sín pan - Erde ohne Brot” und durch einen einzigartigen Brauch.
Der Film “Tierra sín pan” des Regisseurs Luis Buñuel (1900-1983) ist bezeichnend für die Gegend. Die Menschen lebten in äusserst ärmlichen Verhältnissen. Durch die Abgeschiedenheit der Gegend waren sie auf sich selber gestellt. Wegen der fehlenden Transportwege, die erste Strasse in die Region wurde erst 1922 erbaut, war es ihnen nicht möglich, die in ihrem Landstrich angebauten Produkte auf den Märkten in den entfernten Städten zu verkaufen. Zwar wurde Gerste angebaut, und man ass die Kastanien aus den nahen Wäldern. Doch niemand wusste, dass man daraus Brot herstellen konnte. Zusammen mit einigen wenigen Gemüsen kamen Brei und Suppe auf den Tisch. Hinzu kamen im Winter die Erzeugnisse ihrer Rinder, Ziegen und Schweine. Der Film von Buñuel zeigt eindrücklich die daraus entstandenen Mangelerscheinungen bei der Bevölkerung auf. Hinzu kamen die Auswirkungen der Kälte im Winter und des durch Trockenheit fehlenden Wassers im Sommer, welches eine hohe Kindersterblichkeit zur Folge hatte. Das Durchschnittsalter der Menschen betrug kaum 40 Jahre.
Diese Abgeschiedenheit brachte nicht nur Leid, sondern auch eine eigenständige, der Gegend angepasste Kultur mit sich. Mehrere Sitten und Bräuche sind überliefert und werden noch Heute gepflegt. Ein besonderer ist jener des El Marrano de San Anton (das Schwein des Sankt Antonius). Jedes Jahr am 13. Juni wird das Fest des Heiligen Sankt Antonius gefeiert. Er lebte im 12. Jahrhundert und stammte aus dem nahen Portugal. Zur Feier dieses Tages verlässt ein, von einem Komitee bestimmten, junges braunes Schwein seinen Stall. Es bewegt sich frei, spaziert durchs Dorf und jede Stalltür steht im zur Schlafenszeit offen. Das “Dorfsäuli” wird von der Bevölkerung mit Hingabe verwöhnt und gefüttert, damit es gesundes und schmackhaftes Fett ansetzt. Am folgenden 17. Januar wird das Schwein eingefangen und auf der Plaza Mayor (Hauptplatz) in Anwesenheit der Bevölkerung an den Meistbietenden versteigert. Der Erlös aus der Versteigerung wird einem sozialen Projekt übergeben.
Heute ist La Alberca gut erschlossen und zählt zu den am schönsten erhaltenen Dörfern im Südwesten der Provinz Salamanca. In den letzten Jahren wurde es von den Touristen entdeckt, und die Dorfbevölkerung zeigt seine besten Seiten. Im gemütlichen Spaziergang schlenderst du den gepflästerten Strassen entlang, die gesäumt sind von den verwinkelten Häusern im heimischen Stein- und Fachwerkbau. In den Bars und Restaurants werden der gut abgehangene Schinken der Bellota-Schweine von Hand geschnitten und neben dem ebenfalls heimischen Ziegenkäse auf den Teller gelegt. Die Tische stehen draussen auf der Strasse oder auf dem Plaza Mayor, und wenn du Glück hast und in der richtigen Zeit da bist, überlässt du einen Happen dem Säuli, das vorbeispaziert. Wir besuchten La Alberca bereits anfangs Mai, da war das Säuli noch nicht auserkoren.
📜 Die Landschaft rund um La Alberca wird Sierra de Francia genannt. Dies, weil das Gebiet im 11. Jahrhundert einem französischen Grafen gehörte, dem zahlreiche Landsleute hierher folgten. Vor ein paar Jahren taten sich die ansässigen Gemeinden zusammen und schufen eine eigene Homepage, um diese noch sehr naturbelassene Gegend uns näher zu bringen.