❶❹❷ Kennst du San Sadurní d’Anoia? Stimmt, es ist das Dorf mit der feinen Osterschokolade. Es gibt dort noch mehr. Sadurní d’ Anoia ist Spaniens Zentrum für den Wein mit prickelnden Perlen, für den Cava. 84 Prozent des Schaumweins pro Jahr, hergestellt nach der gleichen Methode wie der Champagner, verlassen die Kellereien dieser Gemeinde, mitten im Gebiet des Penedés, im Hinterland von Barcelona.
Zwei Chemielehrer der Landwirtschaftlichen Schule von Reus präsentieren 1868 den ersten nach Champagner-Methode hergestellte spanische Schaumwein an einer Messe in Paris. Sie nannten ihn “Champán de Reus”. Kurz darauf, 1872, produzierte José Raventós den ersten Cava in seiner Kellerei in San Sadurní d’ Anoia. Seit Jahrhunderten dreht sich in dieser Familie alles um den Wein. Er war der Spross einer der ältesten noch existierenden Familienbetriebe Spaniens aus dem Jahr 1551. Seinen Schaumwein benannte er nach Anna Codorníu, dem Namen jener Winzertochter, die 1659 im Alter von 14 Jahren in die Familie einheiratete. Das neue Getränk erfreute sich grosser Beliebtheit. 1885 liess die Familie eine neue Kellerei erbauen. Sie gleicht zusammengesetzten Kirchenschiffen und wird in der Region als Kathedrale des Cava bezeichnet. Eine gelebte Tradition der Codorniú brachte mich zum Schmunzeln. Jedes Neugeborene der Familie erhält zur Taufe seinen ersten Teelöffel Cava eingeflösst.
Die Produktion des Cava ist aufwendig und benötigt eine passende Infrastruktur, deshalb sind kleine Kellereien selten, und die Geschichte wird von den Grossen geschrieben. Bei Freixenet wurde der erste Cava 1914 nach dem Spitznamen der Herkunft des Besitzers Pedro Ferrer benannt, der aus el Freixenet (der Eschenhain) stammte. Er und seine Frau Dolores ahnten nicht, dass ihr Haus hundert Jahre später der grösste Cava-Produzent der Welt sein würde und 1997 die Astronautin Helena Kondakova erstmals in der Schwerelosigkeit des Weltraums, in der Raumstation MIR, einen Cava entkorkt - einen Freixenet.
Zu den Cava-Kellern, die du besichtigen kannst, gehört auch Juvé & Camps. 1921 heiratete die begüterte Teresa Camps ihren Antoní Juvé, Enkel des Gründers der gleichnamigen Bodega. Teresa steckte einen grossen Teil ihres Vermögens in den Bau des geeigneten Kellers für die Reifung und Lagerung von gutem Cava. Sechs Etagen unter dem Boden lagern die Fässer und die dicken Flaschen. Hier werden die Trauben der 271 Hektaren Rebflächen von Hand gelesen und nach biologischen Kriterien zu Cava verarbeitet.
Auf jeder Flasche muss CAVA sichtbar sein, ansonsten ist er nicht nach der aufwendigen Methode hergestellt. Der Begriff Cava stammt von einem Hersteller in der Provinz Alicante. In Katalonien beharrte man lange Zeit auf die Bezeichnung Champán. Als Spanien 1986 in die Europäische Union aufgenommen wurde, mussten die Produzenten das Gerichtsurteil umsetzen, welches entschied, dass der Name des Champagners nur in der entsprechenden Region benutzt werden durfte. Sie entschieden sich sodann für den Überbegriff Cava, was Keller (unter dem Boden) bedeutet.
Bei den Recherchen bin ich auf zwei interessante Details gestossen. Die Metallkappe über dem Korken erfanden die Franzosen, um den Champagner ohne grosse Verluste nach Russland zu Zar Alexander der Grosse zu befördern, damals auf Eselskarren. Bei zu grossem Rütteln knallt der Korken, schliesslich herrscht in der Flasche ein Druck von etwa 3.5 bar. Und als Dom Pérignon (1638-1715) den Champagner erfand, benötigte er für das Verschliessen der Flaschen einen Korken aus Eichenrinde von bester Qualität. Diese fand er in Katalonien. So spielt Spanien seit dem Beginn des Weins mit den Burbujas (Blasen) eine wichtige Rolle.
📜 Zu den am meisten vinifizierten Trauben für Cava gehört die Xarel-Ló Traube. Amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sie mit ihren Antioxidantien sehr gesund ist und viele Krankheiten verhindern kann. In den USA werden diese Trauben als präventives Naturheilmittel gegen Krebs und Herzinfarkt gegessen. Die hiesigen Winzer können darüber nur den Kopf schütteln und sind der Ansicht, ein Glas Cava jeden Tag sei mindestens so gesund.