Königliches Madrid

❶❾❺ Im Gegensatz zu den Engländern, die eine stattliche Anzahl an Palästen, Schlösschen und Ländereien ihr Eigen nennen, gehört das spanische Königshaus zu den ärmsten gekrönten Häuptern in Europa. Sämtliche Immobilien, Parkanlagen und Wälder sind im Besitz des Staates, zuständig ist das Kulturministerium. Die Königsfamilie selbst wohnt auch nicht in einem Schloss. Felipe VI, der aktuelle Monarch, hat auf dem Areal des Zarzuela-Palastes am Nordrand von Madrid, ein modernes Einfamilienhaus bauen lassen, um weniger Bedienstete zu benötigen und um die Heizkosten einzudämmen, für diese er mit seinem Gehalt aufkommen muss.

Was jedoch nicht heisst, dass der Prunk fehlt. Neben dem kleineren Zarzuela-Palast, den heutigen Arbeitsräumen des Königspaars und dem nahen Pardo-Palast für etwas grössere Empfänge steht in Madrid mit dem Palacio Real das grösste Königshaus Europas. König Felipe V. (1683-1746) initialisierte zusammen mit seiner stilsicheren italienischen Ehefrau Isabella Farnese (1692-1766) den prächtigen Palast mit über 3’000 Räumen, die sich um einen grosszügigen Innenhof gruppieren, der gleichzeitig als Waffenplatz diente. Die Innenräume sind wunderschön ausgestattet. Allein die als Wandschmuck hängenden Gobelins haben, aneinandergereiht, eine Länge von über 12 Kilometern. Sie gelten als die reichste und grösste Gobelin Sammlung der Welt.

Beeindruckend sind die Deckenmalereien über der Haupttreppe und in den wichtigsten Sälen des Schlosses, die üppigen Kronleuchter, einzigartigen Fresken und Gemälde. Auch die Kapelle fehlt nicht. Ihre Orgel stammt aus dem Jahr 1755, und die Kuppel ist einfach majestätisch. Mir haben die grossen Tische für die Buffets der königlichen Empfänge gefallen. Ihre Aufbauten sind aus pflegeleichtem Marmor gestaltet, und ich stelle mir vor, wie toll sie die aparten Tapas und edlen Speisen präsentieren. Schliesslich finden im Palacio Real nach wie vor die offiziellen königlichen Empfänge statt. Kommt bei einem Empfang Musik dazu, wird die Stradivarius-Halle mit ihren schönen Dekorationen und ausgestellten Instrumenten genutzt, bestimmt ein “Leckerbissen” für Musikliebhaber.

Zwischen dem Palacio Real und der nebenan stehenden Almudena-Kathedrale sticht dir ein modernes Gebäude ins Auge. Es ist die Galería de la Colecciones Reales (Galerie der königlichen Sammlungen), das jüngste Museum der Stadt. Es wurde 2023 eingeweiht. Hier werden royale Lieblingsstücke wie die Krone, Gewänder, Kutschen, Gemälde und vieles mehr für uns sichtbar gemacht. Toll fand ich die Aufteilung in die wichtigen spanischen Herrscherfamilien der Habsburger, die von 1516 bis 1700 regierten und die Bourbonen ab 1700 mit Unterbrüchen bis Heute. Aus dieser ursprünglich französischen Familie stammt König Felipe VI.

📜 Zum königlichen Madrid gehören zwei Handwerksbetriebe. La Real Fábrica de Cristales (königliche Glasbläserei) befindet sich in La Granja. Hier werden Kristallarbeiten restauriert und neue Kreationen entworfen. Aus 500 Kilogramm flüssigem Glas werden täglich 120 Gläser und 80 Vasen von Mund geblasen und an Kunden geliefert oder im Shop verkauft. Der Rundgang führt via Produktionshalle in die Ausstellungsräume mit historischen Kelchen und modernen Exponaten. Ebenfalls ein nationales Kulturgut ist die Real Fábrica de Tapices (königliche Teppichfabrik) in der Stadt Madrid. Zwei Frauen kennen noch die Technik, um Gobelins auszubessern und neue Stücke herzustellen. Für einen Quadratmeter benötigt eine Person 15 Tage, und die Kosten betragen 1’500 Euro.