Carmona - Zuflucht vor den Wikingern

❶❷❷ Hast du gewusst, dass die Wikinger, die Seekrieger aus dem Norden versuchten, sich auch des Südens zu bemächtigen? Die Stadt Carmona war einst Zufluchtsort für die Bevölkerung aus der küstennahen Ebene, als die Wikinger nach der Plünderung von Lissabon vom Atlantik her via den Fluss Guadalquivir in das nahe gelegene Sevilla einfielen. Wir zählen das 9. Jahrhundert, als die nordischen Krieger auf See die Iberische Halbinsel auf ihren Kompass nahmen. Sie sind als Raubzüge ans Mittelmeer bekannt.

Sevilla war bekannt für seinen grossen Handelshafen an der Flussmündung des Guadalquivir. Nichts ahnend musste die Bevölkerung zusehen, wie im Oktober 844 gerade 54 drachenköpfige Langschiffe anlegten. Eine Meute von mehreren 100 bärtigen nordischen Kriegern sprangen an Land, schwangen ihre Äxte und versetzten die Bevölkerung in Panik. Sie begannen die Stadt zu plündern und niederzubrennen. Die Menschen schnappten sich in Eile was möglich war, und sie flüchteten zu Fuss oder auf dem Eselskarren richtung Nordosten ins 30 Kilometer entfernte Carmona. Dort, auf dem Hügel, waren sie sicher, mussten jedoch von Weitem zusehen, wie sich in ihrer Stadt die Flammen ausbreiteten. Wie grausam das war, können wir nur erahnen. Dank der Armee des in Sevilla herrschenden Emirs und der Hilfe seiner Freunde wurden die Wikinger am 11. November 844 besiegt und ihre Schiffe versenkt. Die Bevölkerung konnte zurückkehren und mit dem Wiederaufbau ihrer Häuser beginnen. Die kleine Stadt Carmona ist seither berühmt und geniesst in der Gegend einen besonders ehrenhaften Status.

Heute geht es in Carmona gemächlicher zu. Die Stadt gehört übrigens zu den ältesten und ständig bewohnten Orten Andalusiens. Dies wegen der bevorzugten Lage auf der Hügelkuppe, ein idealer Ort um sein Gebiet vor umliegenden Feinden zu verteidigen und um Scharmützel mit geringem Aufwand abzuwehren. Nach dem Durchschreiten der Puerta de Sevilla, dem Eingangsportal beim Alcazar in die Altstadt, befindet sich etwas weiter oben die Plaza de San Fernando, der Hauptplatz des täglichen Lebens. Hier sticht insbesondere die Fassade des ehemaligen Mudejar-Palastes aus dem 16. Jahrhundert mit seiner mit noch originalen Azulejos-Kacheln verkleideten Fassade ins Auge. Am oberen Ende der Altstadt thront, mit einer Aussicht, die prachtvoller nicht sein könnte, der auf den Ruinen einer arabischen Festung aus dem 14. Jahrhundert erbaute Königspalast und heutige Parador. Hier wähnst du dich zu Recht auf einem Adlerhorst.

📜 Für die Freunde der römischen Kulturgeschichte sind die nahen Ausgrabungen einer Weihestätte und eines Amphitheaters interessant. Und wenn du gerne Sevilla besuchen möchtest, den Trubel in der Grossstadt jedoch scheust, gibt es vermutlich keinen gediegeren Ort für den Aufenthalt als Carmona. Von dort ist die Touristenmetropole in einer halben Stunde erreichbar. Wenn du Carmona besuchst, kann ich dir nur empfehlen, die feinen Gerichte aus Rebhühnern zu probieren.