Ronda - unverkennbares Spanien

❶❷ Die Stadt Ronda liegt inmitten des andalusischen Gebirges, etwa 50 Kilometer oberhalb von Malaga, zwischen Antequera und Jerez de la Frontera. Mit ihren 35’000 Einwohnern ist sie das grösste der weissen Dörfer in Andalusien. Ihr Markenzeichen sind die glanzvolle Geschichte des Stierkampfs und die beiden berühmten Brücken.

Gibt es einen Reiseanbieter nach Andalusien, der Ronda nicht auf seiner Route hat, macht einen grossen Fehler, denn diese Stadt ist unverkennbar für spanisches Flair, seine unverwechselbare Kultur, seine Geschichte und seine Form des Lebens. Hier befinden sich einige einmalige kulturhistorische Bauten aus mehreren Epochen und Herrscherfamilien, ebenso eine der berühmtesten Stierkampfarenen des Landes, begründet durch die Familie Ordoñez, welche dem Stierkampf den Stempel aufdrückte und dafür sorgte, dass neben der Arena eine bedeutende Stierzucht betrieben wurde.

Spektakulär ist die Geschichte der Puente Nuevo (Neue Brücke). 1735 wurde sie erbaut, und bereits sechs Jahre später stürzte sie ein und begrub über 50 Menschen unter sich, dies wegen falscher Berechnungen und handwerklicher Fehler. Geschockt von dieser Katastrophe dauerte es 18 Jahre, bis der Bau einer neuen Brücke in Angriff genommen und diese 34 Jahre später, 1794 eingeweiht wurde. Sie ist 98 Meter hoch und 70 Meter lang. Die Bevölkerung war sehr stolz, denn während der folgenden 45 Jahre hatte sie die welthöchste Spannweite. Im Innern der Brücke wurden Gefängniszellen eingebaut, die als sehr sicher galten, denn ein Ausbruch gelang nur via Sprung aus dem Fenster, der als sicherer Tod endete. Dieses Gefängnis wurde während des spanischen Bürgerkriegs 1936-1939 von beiden verfeindeten Parteien als Folterkammer genutzt. Wer nicht parierte, wurde aus dem Fenster hinaus bugsiert und auf den Felsen unten in der El Tajo-Schlucht geworfen. Nach Kriegsende wurde das trübe Kapitel des Gefängnisses endgültig geschlossen.

Ronda hat sich in den letzten Jahren sehr gewandelt. Es ist nicht mehr nur der Massentourismus, der die Stadt vor allem in den Sommermonaten als willkommenes Ausflugsziel während der Ferien an der Costa del Sol belagert. Mehr und mehr etabliert sich der individuelle Aufenthalt für die Besichtigung der verschiedenen Kulturdenkmäler in der Altstadt. Ronda mausert sich zum interessanten Gebiet für Velo- und Wanderferien. Beim letzten Besuch ist mir zudem aufgefallen, dass sich junge, mutige Gastronomen niederlassen und feine, regionale Küche anbieten.

📜 Neuerdings werden in Ronda und der Sierraina de Ronda wieder schöne Weiss- und Rotweine aus den fast vergessenen regionalen Trauben Blasco, Doradilla, Melonera und Romé gekeltert. Wie im übrigen Europa wurden diese Reben Ende des 19. Jahrhunderts durch die Reblaus zerstört. Nahezu ein Jahrhundert später sind sie wieder in der Tienda und im Restaurant zu finden. Auch das ist ein erfreuliches Zeichen für die Entwicklung dieser Region.