❶❽⓿ An nur etwa 50 Tagen im Jahr herrscht am Kap Finisterre wolkenfreier Himmel mit einer grandiosen Weitsicht über den Atlantik. Bereits für die Kelten und die Römer war dieser Ort im spanischen Nordwesten ein mystischer Anziehungspunkt, für sie finis terrae - das Ende der Welt - wo hinter dem Horizont das Totenreich begann. Ob Höhepunkt der Reise oder Ende des Pilgerwegs, Finisterre vereint ein immer überraschendes Naturschauspiel und Rituale, die sich über die Jahrhunderte zwar verändert haben, jedoch nie ausgestorben sind.
Einmal bei schönem Wetter nach Finisterre, diesen Wunsch hegte ich seit Jahren. Jetzt haben wir es geschafft. Weder bedeckten dicke Wolken den Himmel noch flog uns der mit Wind durchsetzte nasskalte Nieselregen um die Ohren, was hier sonst üblich ist. Die Wanderung zum Leuchtturm und bis an den Rand der Klippen war wie ein kleines Fest.
Lange Zeit ging man davon aus, dass sich hier der westlichste Punkt der Iberischen Halbinsel befindet. Dem ist nicht so. Das ist der Cabo del Roca (Kap der Felsen) in Portugal. In Finisterre steht der westlichste Leuchtturm. Er wurde 1853, von weitem sichtbar, 138 Meter über dem Meeresspiegel erbaut. Sein Leuchtfeuer reicht bis 65 Kilometer in den Atlantik hinaus, denn die hiesige Küste ist sehr felsig und für Schiffe gefährlich.
Die Kleinstadt Finisterre liegt knapp 4 Kilometer vor dem Kap. Der Tourismus und die Zucht von Austern und Muscheln, die in Galicien zum Albariño-Wein genossen werden, ernähren die Menschen. Auf dem Platz vor dem Hafen steht das Monument für jene Spanier, die wegen der Armut im Land das Schiff bestiegen und in Richtung Neue Welt und erhofftes neues Glück aufgebrochen sind. Rund um die Stadt gibt es zahlreiche kleinere und grössere Buchten. Es lohnt sich, das Badezeug im Gepäck zu haben. Wer weiss, vielleicht triffst du es, an einem der 50 schönen Tage hier zu sein.
📜 Der Cabo de Finisterre liegt 90 Kilometer westlich von Santiago de Compostela. Seit jeher beenden viele Pilger ihre Reise nicht in Santiago , sondern wandern bis ans “Ende der Welt”. Früher haben sie hier ihre Kleider verbrannt und die Schuhe ins Meer geworfen. Dieser Brauch ist nun verboten, doch kleine Rituale sind geblieben. So werden Glücksbringer angezündet, ein Stein oder die mitgetragene Muschel über die Klippen ins Wasser geworfen, stolz und erhaben nach langen Wochen zu Fuss mit Rucksack unterwegs.