❶❽❾ Innovativ nennen wir den Fortschritt, der uns dient. Als sich Haro anschickte, eine der ersten Bahnlinien und Bankinstitute zu realisieren, kannte man das Wort noch nicht. Die Stadt im La Rioja Alta (oberes Rioja) erinnert mich sehr an das andalusische Jeréz de la Frontera. Sie haben eines gemeinsam: Es waren die Weinproduzenten, die sich dem Fortschritt verpflichteten und damit die ganze Region beeinflussten. Nur waren es hier nicht die Engländer, sondern die Franzosen, die in Haro bestimmten, und dies notgedrungen.
Es war die Phylloxera (Reblaus). Sie zerstörte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den grossen Teil der Rebflächen im französischen Bordeaux und trieb die Winzer richtung Süden, nach Wein und nach Rebflächen zu suchen, die ihren angestammten Methoden ähnlich waren. Sie fanden in La Rioja die besten Grundlagen dazu, Klima und Bodenbeschaffenheit stimmten. Die Kleinstadt Haro, an den Flussläufen von Ebro und Tirón bot sich geradezu als idealer Standort an.
Bereits 1856 investierte die französische Industriellenfamilie Pereire, zusammen mit den Rothschild, in den Ausbau und den Betrieb der Eisenbahn. In Haro entstand 1863 der Bahnhof an der Linie nach Bilbao mit dem grossen Überseehafen, und Richtung Osten verlief die Strecke von Madrid nach Irún an die französische Grenze. Als erste spanische Stadt weihte Haro 1877 die Elektrifizierung der Strassenlaternen ein. 1892 eröffnete die Bank von Spanien eine Niederlassung, das erste Telefon wurde angeschlossen, und das erste Prüfinstitut für die Qualitätsmessung von Wein auf der Iberischen Halbinsel nahm seine Arbeit auf.
Wenn du durch die Stadt spazierst oder auf der Plaza de la Paz (Friedensplatz) das Treiben am Tag und das Leben der Nacht verfolgst, fallen dir die Stadtvillen und kleinen Paläste mit den besonderen Details auf. Alle, die etwas von sich hielten, wollten etwas Besonderes haben und verewigten sich mit feudalen Bauten. Architektonisch einmalig sind zum Teil auch die grossen Weinkellereien, die sich um das Bahnhofsviertel gruppieren. Was auffällt: Viele Franzosen haben anfangs der 20-er Jahre das Land wieder verlassen und die Bodegas den Spaniern verkauft, die Heute sehr erfolgreich sind. Sie tragen berühmte Namen: Cune, Muga, Bilbaínas, Ramón Bilbao.
📜 1941 gründeten Luis Aguirre und seine Partnerin Isabel Hernando ein Restaurant mit Bar. Luis war stadtbekannt, denn er war blind. Trotz seiner Beeinträchtigung spielte er in der Stadtmusik hervorragend Klarinette. Auch in seinem Restaurant fand er sich gut zurecht. Bald wurde er von allen Leuten Beethoven genannt, denn sein Geburtstag war der 16. Dezember wie jener des grossen Meisters des klassischen Musik. Inzwischen gibt es eine Bar, eine Taverne und ein gepflegtes Lokal, alle drei mit Namen Beethoven, sie beleben die örtliche Gastronomie. Ich denke, Haro hat der Reblaus und dem Gastronomenpaar Luis und Isabel einiges zu verdanken.