❶❻❾ “Al balcón del Mar” (auf dem Balkon über dem Meer) war mein erster Gedanke in Frigiliana, einem der wenigen weissen Dörfer im Osten von Málaga, den ganzen Tag von der Sonne beschienen. Es wurde mehrfach als das schönste weisse Dorf Andalusiens ausgezeichnet, erstmals 1982 mit dem Nationalen Schönheitspreis. Der untere Dorfrand liegt 330 Meter über dem Meer, direkt oberhalb der berühmten Höhlen von Nerja mit einer tollen Aussicht über die Costa del Sol.
Frigiliana ist in mehrerer Hinsicht ein beeindruckendes Dorf. Der Blick nach vorne richtet sich aufs Meer, jener auf die Seite und nach Hinten an den Rand der Sierra Almijara mit schönen und ausgeschilderten Wanderwegen. In dieser Beziehung hat sich Spanien in den letzten Jahren entwickelt, und das Land nimmt als Wanderdestination an Bedeutung zu. Der Spaziergang durchs Dorf ist auch eine Wanderung, denn es liegt steil am Hang, und die engen Gassen enden mehrmals als Treppe, immer schmal und mit den für die Region typischen Böden aus Mosaiksteinen. Die kleinen Läden, die schmalen Bars und das Hotel mit den Stühlen für die wartenden Gäste draussen vor der Tür zeigen den typischen Touch Frigilianas als Touristenort. Auffallend jetzt, in der Vorsaison, sind die zahlreichen Maler, die sich mit weisser Farbe an den Fassaden zu schaffen machen. Hier herrscht Pflicht, die Häuser regelmässig kalkweiss zu malen.
Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Gemeinden in der Region hat Frigiliana seinen Namen nicht von den Mauren, sondern von den Römern. Sie errichteten eine Festung, die als “Eigentum von Fraxinus" nachgewiesen ist. Mir haben die an den Hauswänden befestigten Keramiktafeln gefallen. Sie zeigen in Wort und Skizzen die Geschichte des Dorfes zwischen dem 8. und 13. Jahrhundert auf. So habe ich erfahren, dass die Mauren begannen, in Südspanien den Zuckerrohr anzupflanzen. In der ehemaligen Zuckerfabrik wird noch Heute Honig produziert. Lange Zeit wurden im Dorf viele Leute reich, weil sie mit grosser Mühe und Sorgfalt den fruchtbaren Boden im Umland bebauten, Seide und Wein waren die hauptsächlichen Erzeugnisse. Dank der nahen Seewege wurden die Produkte verschifft und so das Liefergebiet erweitert.
Nach der endgültigen Vertreibung der Mauren durch die Katholischen Könige schaffte es die verbliebene Bevölkerung nicht, das reiche Erbe an Wissen und Können zu erhalten. Lediglich die Produktion und Verarbeitung von Zuckerrohr wurde weiter geführt. Frigiliana wurde zur Tierra vacía (verlassene Erde). Noch knapp 100 Personen wohnten im Dorf. Dank der Nähe zum Zentrum von Malaga und die Ernennung zur Kleinstadt durch den König erholte sich Frigiliana langsam wieder. Inzwischen hat der Tourismus die Landwirtschaft als Haupterwerbsquelle im Dorf und in der Umgebung abgelöst und ist wieder Heimat für über 3’000 Menschen geworden.
📜 Einen guten Anteil an die Bekanntheit Frigilanas hat sicher die Gemeinde mit ihren strengen Vorschriften für den Erhalt des antiken Ortszentrums. Ausserdem ist der Tourismusverantwortliche, ein Schweizer aus Genf, sehr umtriebig und aktiv. Er erzählt und erklärt enthusiastisch über alles Schöne hier. Ausserdem ist er für die Verteilung der neuen Blumen für die Töpfe an den Hauswänden im April zuständig, die der Bevölkerung gratis abgegeben werden. Für mich ist Frigiliana nicht das Schönste, doch eines der imponierenden weissen Dörfer Andalusiens.