❶❻❼ Eine gute halbe Stunde von Valencia in Richtung Landesinneres liegt die Stadt Xativa. Während der islamischen Herrschaft entstand hier das erste Papier auf europäischem Boden. Im Mittelalter, als die katholischen Könige um jedes kleine Stück Land kämpften, erreichte sie die grösste Tragödie ihrer Geschichte, und sie ist die Geburtsstadt des späteren Papstes Alexander VI.
Der erste Anblick von Xativa ist unspektakulär, Bezirkshauptort und Zentrumsstadt für die umliegenden Gemeinden mit 30’000 Einwohnern. Auffallend ist der von Weitem sichtbare, langgezogene Burgkomplex. Beim Aufgang in die Avenida de las Selgas (Strasse des blühenden Mangolds), ihre Hauptstrasse, blickt der hier geborene Barockmaler José Ribera auf dem hohen Sockel in die Runde. Auf ihn sind die Xativaner stolz. Er lebte in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, malte vorwiegend in Neapel und wurde El Españoleto (der kleine Spanier) genannt. Seine Gemälde hängen im Louvre in Paris, im Dom von Neapel und im Nationalmuseum El Prado in Madrid.
Hinter der Avenida de Selgas beginnt die Altstadt von Xativa. Während des Königreichs Valencia, von 1237 bis1707 gehörte Xativa zu den einflussreichsten Gemeinden. Die begüterten Familien wussten ihre Autorität und ihr Image zu nutzen. Wer etwas auf sich hielt, war hier tätig oder zumindest sichtbar. Es herrsche Bauboom für Kirchen, Klöster und Herrschaftshäuser. 1431 erblickte Rodrigo Borja, der Erbauer des Borja-Palastes in Gandía und späterer Papst Alexander VI hier das Licht der Welt. Die schönsten Bauten dieser Zeit sind erhalten geblieben, sind Museen oder haben eine andere Bestimmung, und sie geraten nicht in Vergessenheit.
Eine Tragödie sondergleichen, die mich beim Anblick des Aggressors im Kunstmuseum des Palacio Mayoral erschaudern liess, erreichte Xativa 1707, als die beiden Königshäuser der Habsburger und der Bourbonen um die Stadt kämpften. Die Stadt unterstützte die österreichischen Truppen, die sich jedoch verlustreich zurückziehen mussten. Philipp V. (1683-1746), der Sieger der Schlacht, rächte sich. Gnadenlos liess er die Stadt niederbrennen. Die Kirche, wo Frauen und Kinder nach Schutz suchten, liess er ohne Skrupel anzünden. Wer überlebte, musste die Stadt verlassen, die er sodann in Nueva Colonia de San Felipe (neue Kolonie des Heiligen Felipe) umtaufen liess. 104 Jahre später erhielt Xativa seinen ursprünglichen Namen zurück. Das Portrait von Felipe V hängt deshalb im Museum auf dem Kopf. Felipe V war übrigens der erste König in Spanien aus dem französischen Haus Bourbon. Der bedachte und ruhige Felipe VI, heutiger Monarch, Staatspräsident und Oberbefehlshaber der Armee ist ein direkter Nachfahre von Felipe V.
📜 Die Burg von Xativa war eines der Prunkstücke im Königreich Valencia. Der Aufstieg passiert man mit dem Auto via schmaler und kurvenreichen Strasse. Oder zu Fuss, eher steil aufwärts mit gutem Schuhwerk und einer Flasche Wasser. Ein paar Schritte abseits des Pfades gibt es auf der Terrasse von Sant Joseps Restaurante über Mittag Paella. Wir nahmen den direkten Weg zur Burg und verköstigten uns oben auf der Terrasse mit einem Teller Jamón bei herrlichem Weitblick über die Landschaft. Die Strapazen des Aufstiegs waren vergessen.