Covarrubias - Dorf der verflossenen Träume

❶❼❼ Auf der Strasse von Zaragoza nach Burgos liegt das Dorf Covarrubias, inmitten von grünen Wiesen und schwach bevölkerten Weilern. Eigentlich ein wenig beachtenswerter Ort, hinge nicht die Tafel der Los pueblos más bonitos de España (Die schönsten Dörfer Spaniens) am Dorfeingang. Der Neugier folgend, hielten wir an und folgten dem Schild in den historischen Dorfkern.

Die Dorfmitte ist einmalig und beeindruckend. Die Gebäude erzählen, zusammen mit den historischen Notizen, über 1’000 Jahre alte Geschichten. Hier befand sich Mitte des 10. Jahrhunderts das Machtzentrum des ersten kastilischen Grafen Fernán González (910-970). Er eroberte zahlreiche Ländereien, die, seinem Traum folgend, den Grundstein zum Königreich Kastilien bildeten. Obwohl Fernán mindestens 7 Kinder zeugte, konnte keines von ihnen das umfangreiche Erbe weiterführen. Die Ländereien gingen an den König, und die Wogen des Arlanza-Flusses, der am Dorf vorbei fliesst, verschluckte die Tränen der Enttäuschten.

1256 rückte Covarrubias wieder ins Zentrum der Geschichte Kastiliens. Alfonso X (1221-1284) lenkte die Geschicke im Königreich. Er wurde auch “der Weise” genannt, da er neben der Regentschaft wissenschaftliche Bücher zu den Themen Chemie, Physik und Astrologie schrieb. Er hatte einen ehrgeizigen Plan und verfolgte ein Bündnis mit dem norwegischen König Haakon IV. Es kam ihm gerade recht, dass seine Frau nicht schwanger wurde und vereinbarte die Heirat mit der norwegischen Prinzessin Kristina (1234 -1262). Als sie in Covarrubias eintraf, musste sie feststellen, dass ihr versprochener König nun doch Vater von seiner Frau wurde und die Thronfolge gesichert war. Kristina war zutiefst betrübt, auch ihr Traum war verflossen. Alfonso verheiratete sie kurzerhand mit seinem Bruder und entsandte das Ehepaar weit weg, nach Sevilla. Dort starb Kristina bald darauf aus Liebeskummer und Heimweh. Sie wurde in der ehemaligen Klosterkirche von Covarrubias beigesetzt, und ihre Skulptur steht gleich daneben in einem kleinen Park.

Dank diesen und einigen weitern Ereignissen, können wir in Covarrubias ein nahezu intakt erhaltenes Ortsbild mit dem Turm des Grafen Fermín, die Kirche der ehemaligen Klosterschule und dem Stadttor betrachten. Alles ist gepflegt und gemütlich, nicht protzig, und mit dem Wissen der Geschichte einfach schön. Auf der Terrasse der Bar an der Plaza Mayor sitzen am Nachmittag wenig Einheimische. Heute leben hier etwa 600 Menschen, der grosse Teil von ihnen arbeitet in den umliegenden Weinbergen oder in Burgos.

📜 Auf der Reise durch das Gebiet des nördlichen Castilla-León mit Burgos, Covarrubias und Santo Domingo de Silos, übernachteten wir in der Kleinstadt Lerma und erkundeten die Region. Das war ideal, denn alle sehenswerten Orte befinden sich in einer gut machbaren Distanz von etwa 30 Kilometern. Auch Lerma hatte einen Grafen. Er hinterliess einen Palast, das heutige Parador-Hotel mit authentisch spanischem Charme. Für das kleine Frühstück gibt es die Bar am Stadtrand, der Cortado wird hier perfekt zubereitet.