❶❽❽ Um vom berühmten Liebesgedicht in San Millán nach Madrid zu gelangen, führt der Weg über die Nationalstrasse 111, entlang der Sierra de Cebollera und durch einen der vielfältigsten Naturparks in Spanien. Ich liebe diese Strecke, denn es geht vorbei an Birken, Traubeneichen, Bergulmen, Eiben und vielen weiteren, heute seltenen Bäumen, und wo sich in den Flussläufen der Pyrenäen-Desman, ein besonderer Maulwurf, heimisch fühlt. Am Ende des Passes kommt Soria, da geht es rechts weg, und eine halbe Stunde später duftet in der Tasse auf der Plaza Mayor in Burgo de Osma bereits der Cortado.
Schon von weitem grüsst das Wahrzeichen der Stadt, die Burg aus dem 10. Jahrhundert, etwas ausserhalb des Zentrums gelegen. Sie ist den ganzen Tag geöffnet, das heisst auch, dass der Zahn der Zeit tüchtig genagt hat, sprich, sie ist ruinös, doch der Weitblick ist fantastisch. Was sich auf jeden Fall lohnt, ist der Spaziergang zur gut erhaltenen Römerbrücke am Fuss des Burghügels. Der Weg führt entlang des Flusses Ucero durch die Parks und die Alleen, die dank der Stadtgärtnerei durchwegs gepflegt erscheinen.
El Burgo de Osma war eine der ersten Bischofssitze auf der Iberischen Halbinsel, gegründet durch die Westgoten, die im 6. Jahrhundert vom damaligen Gallien (Frankreich) über die Pyrenäen nach Spanien gelangten. Die christlichen Riten mussten während der Besetzung der Muslime durch das Gebiet ruhen, bis Pedro aus Burgos (1040-1109) kam und mit seinem Heer die feindlichen Truppen besiegte. Er nannte sich fortan Pedro de Osma, gab der Stadt seinen Namen und liess sich wiederum als Bischof einsetzen. Er ordnete den Bau eines Gotteshauses an, das später durch eine prägnante gotische Kathedrale ersetzt wurde. Ebenfalls entstand das Kloster, etwas ausserhalb des Zentrums, am Fussweg zur Römerbrücke.
Burgo de Osma war eine blühende Stadt als 1550 der portugiesische Geistliche Pedro Álvarez de Acosta (1484-1563) hierher versetzt wurde. Er gründete die Universität Santa Catalina, wo bis ins 19. Jahrhundert Kunst, Kirchenrecht, Medizin und Theologie gelehrt wurde. Heute ist es ein 4-Sterne Luxus Hotel mit Thermalbad. Hier kannst du dich in der Kuppelhalle und im Thermalbereich entspannt in die spanische Renaissance-Zeit und in die Welt des orientalisch anmutenden Hamam zurück versetzen.
📜 Beim Tapas in einer der Bars rund um die Plaza Mayor erzählen die Menschen von Burgo de Osma den Touristen von ihrem grossen Schreckensmoment. Am 2. August 2010 läuteten die Glocken über der Kathedrale die kurz bevorstehende Prozession ein. Auf einmal wurde eine Glocke, 250 Kilogramm schwer, aus den Angeln gehoben und fiel donnernd auf den Platz hinunter. Es war 20 Minuten vor der Prozession, doch o Wunder. Die Glocke sei ihnen buchstäblich vor die Füsse gefallen, doch keine einzige Person kam zu Schaden. Heute erinnert eine metallene Platte an dieses Ereignis.