❷⓿❺ Der Name Jesus Pobre bedeutet “armer Jesus”. Lange Zeit fragte ich mich, wie ein Ort, nahe der Touristenzentren an der Costa Blanca, diesen wohl erhalten hat. Nach einigen Besuchen und Recherchen war ich etwas schlauer und vor allem staunte ich über die Offenbarungen in seiner Dorfgeschichte und das spezielle Gebäude in der Dorfmitte.
Wer sich zwischen Denia und Calpe aufhält, kennt in der Regel das kleine Dorf am südwestlichen Fuss des Montgó mit dem edlen Flohmarkt am ersten Sonntag des Monats. Hier werden besonders reizvolle Stücke aus den aufgelösten Haushalten der Region angeboten. Die Parkplätze an den Dorfenden sind voll belegt, und der Kulturmix von Englisch, Holländisch, Deutsch und doch noch etwas Spanisch ist unverkennbar.
Speziell ist der Ort des Marktes, rund um den Riurau, das gemauerte, gedeckte, rundum luft durchflutete Gebäude in der Dorfmitte. Erstmals wurde dieser “Deckel zum Herausnehmen der Sultaninen” im spanischen historischen Wörterbuch von 1845-1850 erwähnt. Die Gegend war berühmt für die Produktion von Moscatel-Weintrauben. Die süssen Beeren wurden entweder zu Wein gekeltert oder gewaschen und auf Schilfmatten unter diesen Dächern zum Trocknen ausgelegt. Das Gewinnen von Weintrauben begann 1850 und blühte während einem Jahrhundert, bis die Sultaninen Produktion industrialisiert wurde. Bis dahin wurden in der Region 700 Riuraus betrieben, die meisten davon als angehängter Teil eines Bauernhofs. Jenes in Jesus Pobre, eines der grössten, wurde von mehreren Moscatel Produzenten genutzt.
Der Anbau von Reben und die Kelterung von Wein geht in Jesus Pobre viel weiter zurück. Bereits im 9. Jahrhundert wurden Weinfässer im nahen Hafen von Denia auf Schiffe geladen und in Richtung Phönizien und Griechenland gebracht. Die Ländereien der Herren von Benissadeví, auf deren Hof das Riurau des Dorfes steht, wurden ab dem 11. Jahrhundert erweitert und urbar gemacht. Die einzelnen Höfe des Dorfes waren damals noch weit verzettelt.
Dies änderte sich im 17. Jahrhundert, als der Franziskanermönch Pere Esteve eine Einsiedelei gründete und dem Dorf seinen heutigen Namen gab. Die Einsiedelei wurde nach und nach zu einem Kloster mit Hospiz erweitert, und rund herum bildete sich der heutige Dorfkern. Zur Zeit des Spanischen Bürgerkriegs 1936-1939 wurden religiöse Menschen verfolgt und kirchliche Institutionen zerstört. Sicherheitshalber entschieden die Räte von Jesus Pobre, das Dorf in Mongolia umzubenennen. Schliesslich steht es am Fuss des Montgó. Nach Ende des Bürgerkriegs erhielt es seinen Namen zurück.
📜 Die Ruta dels Riuraus (Riurau - Wanderroute) ist etwa 7 Kilometer lang und führt rund um das Dorf. Wenn du magst, spazierst du den Reben entlang ostwärts und entdeckst den 1’000-jährigen Olivenbaum, um den sich Jávea und Jesus Pobre darüber streiten, zu welchem Gemeindegebiet er wirklich gehört. Viel Spass!