❶❽❷ Albacete gehört sicher nicht zu jenen unvergleichlichen historischen Städten im Landesinneren wie Avila, Segovia und Salamanca. Ihre Schönheit liegt anders. Sie erschien mir wie eine Stadt aus den “goldenen 20-er Jahren”, eine Oase des entspannten Spaziergangs mit einigen architektonischen Besonderheiten, schicken Einkaufspassagen und grosszügig angelegten Parkanlagen.
Albacete befindet sich zwischen der Hauptstadt Madrid und den Küstenorten an der Costa Blanca. Sie wird als Oase in der Castilla la Mancha bezeichnet. Noch vor 40 Jahren war diese Gegend karg, trocken und öde. Es weideten die Schafe und die Ziegen auf den vorhandenen Magerwiesen. Sehr gut erinnere ich mich an die Fahrt mit meinem Bruder auf der holprigen Nationalstrasse, wo sich die Autos, Busse und Eselskarren kreuzten. Für die Strecke von Madrid an die Küste bei Elche, etwa 450 Kilometer, benötigten wir einen ganzen Tag.
Dann begann der professionelle Anbau der Reben und Kartoffeln, und Heute steht hier das Zentrum der Gewinnung von Sonnen- und Windenergie, mittendrin die Provinzhauptstadt. Ihr Name ist ursprünglich arabisch und bedeutet “die Ebene”, was perfekt zur Lage Albacetes passt. Sie ist Zentrumsstadt für die kleineren Orte und, weil per Autobahn und Zug von überall her gut erreichbar, beliebte Universitätsstadt und ein gefragter Industriestandort. Auf dem Luftwaffenstützpunkt Los Llanos werden Piloten für das spanische Militär und für die NATO ausgebildet. Gleich daneben befinden sich das aeronautische Forschungszentrum, die Produktionshallen für den Airbus und die spanische Helikopter Fabrik.
In der Innenstadt von Albacete führt der Rundgang von der Kathedrale zum ehemaligen Rathaus und dem Grand Hotel. Dieses beherbergte während des spanischen Bürgerkriegs die Internationalen Brigaden, die gegen die Armee des später siegreichen Diktators Franco kämpften. Ein paar Schritte weiter in der Fussgängerzone wartet die Lodares-Passage mit dem Glasdach aus dem Jahr 1925. Sie gehört zu den Bauwerken, als Albacete begann, sich zur Grossstadt zu mausern. Der Spaziergang führt durch kleine Gassen zur Stierkampfarena mit ihrer auffälligen Fassade. Entspannung pur bietet der weitläufige Stadtpark mit seinen Tieren, Springbrunnen und für Spanien überdurchschnittlich gepflegte Grünzonen.📜 Gegenüber der Kathedrale steht ein auffälliges Gebäude mit grünen Kacheln und gotischen Elementen an der Fassade. Joaquín Hortelano liess es 1912 erbauen für den Sitz seiner Versicherungsgesellschaft. Im Casa Hortelano, so nennen es die Einheimischen, ist das Museum für die kastilische Messerschmiedekunst untergebracht, eines der ältesten Handwerke in der ganzen Region der Mancha. Als Museum erhält es Bestnoten, und die Fassade ist eine Augenweide sondergleichen.